„Die Mauer“
Es ist eiskalt auf der Mauer, die ganz Großbritannien umzieht, trostlos und grau. Sie ist der einsamste Ort der Welt, trutzig, so gut wie unüberwindbar. Ein Wall gegen die Fremden, die vom Meer her kommen, weil ihre Länder unbewohnbar sind. Sie kommen nachts, in undurchdringlichem Nebel, sie haben nichts mehr zu verlieren. Joseph Kavanagh tritt wie jeder Schulabgänger der Insel seinen zweijährigen Dienst auf der Mauer an. Viele überleben ihn nicht. Unterkühlung, die Attacken der Fremden und für jeden Eindringling, der es über die Mauer schafft, werden sechs Verteidiger aufs Meer verbannt – für immer. Nüchtern, rau und gerade dadurch poetisch beschreibt Autor John Lancaster das Endzeitszenario. Was können die Menschen dieser Düsternis entgegen setzen? Joseph lernt Hifa auf der Mauer kennen. Ein Lichtblick, ein bisschen menschliche Wärme. Aber beide wissen, dass jederzeit ein Angriff droht. Das Buch ist grausam und hat mich lange beschäftigt. Eine Dystopie, aber um sie weit weg in die ferne Zukunft zu schieben, ist sie zu nah an uns dran. Die Mauer soll nicht nur die Fremden abhalten, sondern auch das Meer, das unaufhaltsam steigt. Vom Land aus kann man es nicht mehr sehen. Wenn die Menschen Sehnsucht danach haben, schauen sie sich Surffilme aus längst vergangenen Zeiten an. Das Schicksal einer abgeschotteten Insel als Symbol für den ganzen Westen? Diese Lesart liegt nahe, zum Nachdenken bringt sie allemal. Das Buch ist gnadenlos, dabei nervenzerfetzend spannend und hervorragend geschrieben. Ich habe es nicht mehr aus der Hand gelegt. Erschienen @klettcottaverlag .