Sechs von zehn Westdeutschen waren noch nie in Ostdeutschland, habe ich letztens gelesen. Aber fragt mal rum, wieviele Hamburger schon im Hunsrück waren. Oder Bayern im Bliesgau. Und ich will mich gar nicht ausnehmen. Bevor ich mich damals für mein Buch „Auszeit Deutschland“ auf große Entdeckungstour im eigenen Land begeben habe, hätte ich das Rothaargebirge nicht auf der Landkarte zeigen können. Die Vulkaneifel auch nicht. Und auch nicht das Zittauer Gebirge ganz im Osten, wo es übrigens gerade im Herbst so besonders schön ist, die Berge überraschend steil sind und die Umgebindehäuser (Foto) die Geschichte der Weber erzählen.
Ja, und jetzt im Herbst werde ich gerade etwas wehmütig, weil es damals bei der Recherche für das Buch schon sehr intensiv war, so viel draußen zu sein und so viele wilde, einsame, beeindruckend schöne Gegenden in Deutschland zu durchstreifen. Mich hat damals nicht nur oft der Wald verschluckt, sondern ich habe soviel über Deutschland gelernt, ein Gefühl für völlig andere Landschaften bekommen, die immer auch die Lebenswelten der Menschen prägen.
Hinter jedem beleuchteten Fenster ein Schicksal, habe ich abends oft gedacht. Manchmal auch: wir sind so unterschiedlich und leben doch in einem Land. Dann wieder: Wir sitzen alle in einem Boot. Aber wie sollen wir rausfinden, was wir alle (voneinander) denken, was wir erlebt haben und was wir uns von der Zukunft wünschen, wenn wir uns nicht auf die Socken machen?
Also: Der Herbst ruft. Nie ist es schöner, Deutschland zu entdecken. Im Wald riecht es nach Pilzen, morgens steigen Nebelschwaden aus den Feldern, man muss nur loslaufen. Und wenn man jemanden trifft, kommt man meist ganz von selbst ins Gespräch. Orte, die einem zunächst fremd erscheinen, bekommen ein Gesicht 🍁🍂